Österreich – Wien 16/17

On 1. März 2017 by AUsland

 

Auslandssemester
Technische-Universität Wien
Oktober 2016 - Februar 2017
Studienfach: Raumplanung

 

I. ERFAHRUNGEN IM STUDIUM

Vorbereitung
Nach der Nominierung für den Austauschplatz wurden alle relevanten und weiteren Schritte durch das International Office in Wien genauestens per Mail beschrieben, was den Einstieg und die generelle Vorbereitung in Hinblick auf den Papierkram sehr leicht gemacht haben. Bei Fragen und Problemen antwortet das International Office sehr schnell per Mail – verlässlich das ganze Semester über.
Es besteht die Möglichkeit vor Semesterbeginn an einem Orientierungsprogamm (SoS Orientation Program) teilzunehmen.  Innerhalb von zwei Wochen werden verschiedene Museen besucht, eine Stadttour und Ausflüge in die Umgebung gemacht und Sehenswürdigkeiten besichtigt. Ich habe an diesem Programm nicht teilgenommen, weil es 160€ gekostet hat – es besteht allerdings auch die Möglichkeit bei freien Kapazitäten an einzelnen Tagen mitzukommen. Da das Ganze mit einem Deutschsprachkurs verknüpft ist, nahmen viele Erasmus-Studierende teil. Wenn also direkt in die Erasmus-Welt eingetaucht werden möchte, ist es eine gute Möglichkeit viele neue Menschen kennenzulernen.
Um seinen Studierendenausweis, Matrikelnummer, TISS-Login (Onlineportal), … zu bekommen, muss an einem der Orientierungs- und Registrierungsveranstaltungen teilgenommen werden (vor Semesterbeginn). Der Login ist insofern wichtig, da es einem dadurch möglich ist, sich für Kurse im Onlineverzeichnis anzumelden. Wenn einem die Anmeldung nicht möglich ist (z.B. es werden gewisse Kurse als Voraussetzung gefordert), immer der Betreuungsperson schreiben – es finden sich Wege, dass die Veranstaltungen dennoch besucht werden können (aber rechtzeitig schreiben).

Lehrveranstaltungen
Die in das Learning Agreement eingetragenen Kurse, die ich mir schon im Sommer heraussuchte, wurden nicht angeboten, wodurch ich komplett neue Kurse wählen musste. Genau wie in Weimar werden unterschiedliche Veranstaltungen nur im Sommer- oder nur im Wintersemester angeboten.
Ein bis zwei Wochen vor Semesterbeginn waren alle Veranstaltungen im TISS verzeichnet und so hatte ich Zeit neue Kurse zu wählen. Die neue Prüfungsordnung, die vorschreibt, dass ich äquivalente Kurse im fünften Semester im Ausland belegen muss, begrenzte meine freie Auswahl. Zwar fand ich genügend Kurse, die ich mir anrechnen lassen kann, dennoch konnte ich so andere Veranstaltungen, die ich belegen wollte, aus Zeitüberschneidungen nicht belegen. Das Angebot war sehr umfassend und ich wählte verschiedenen Veranstaltungen: Vorlesung, Ringvorlesung, Vorlesung mit Übung, Seminar und Projekt. Allerdings wählte ich kein klassisches Planungsprojekt.
Da das Department Raumplanung vom Karlsplatz in das Gebäude der alten Wirtschaftsuniversität umgezogen ist, war es an einigen Tagen ein Hin-und Herfahren - das lag aber größtenteils daran, dass ich einige Veranstaltungen von den Bauingenieuren und Architekten belegte (ein Blick in andere Studienfächer lohnt sich!).
Ein großer Nachteil war, dass die Bibliothek noch nicht richtig organisiert war und die Ausleihe über die verschiedenen Fachbereiche lief – mit zum Teil begrenzten Zugangszeiten. Anders als in Weimar sind die Prüfungen teilweise nur einige Tage nach der letzten Vorlesung und konzentrieren sich um Ende Januar/Anfang Februar. Zudem gibt es keine Abstufungen im Notensystem – das heißt, es gibt nur 1,0; 2,0; 3,0; 4,0.

Leben
Meine Wohnung fand ich über wg-gesucht ziemlich schnell – bei Facebook gibt es zudem etliche Gruppen, die einem bei der Suche helfen können. Ich schaute mich auch bei Studentenwohnheimen um, allerdings muss dort eine Summe von weniger als 1 000 € als Kaution überwiesen werden, um sich für ein Zimmer zu bewerben. Mieten in Wien sind auf jeden Fall teurer als in Weimar, mit viel Glück kann etwas nicht allzu Teures gefunden werden. Lebensunterhaltungskosten sind zudem teurer als in Deutschland, doch hält es sich generell im Rahmen.
Zu Beginn des Semesters meldete ich mich für das Tandem-Programm an und lernte somit einige schwedische Erasmus-Studierende kennen, um auch das Gefühl zu haben, in meinem Auslandssemester noch eine andere Sprache zu sprechen als Deutsch. Generell können durch diverse ESN-Veranstaltungen Kontakte mit ausländischen Studierenden geknüpft werden. Auf Grund von der Sprache und einigen Gruppenarbeiten fiel es leicht mit österreichischen (oder auch vielen deutschen) Studierenden in Kontakt zu kommen.
Wien bietet eine große Auswahl an Freizeitausflügen und -aktivitäten und viele Orte, die es zu entdecken lohnt. Auch im Winter! Außerdem habe ich die Zeit genutzt und bin in Österreich an verschiedene Orte und in einige Balkanstaaten gereist.

 

II. PLANUNGSKULTUR ÖSTERREICH

In Österreich liegt die Hauptkompetenz der Raumordnung und Raumplanung bei dem jeweiligen Bundesland (neun). Diese stellen Landesentwicklungsprogramme und Raumordnungskonzepte auf, ebenso wie für verschiedene Sachbereiche Programme erstellt werden. Der Bund hat lediglich für jene Materien Kompetenzen, die ihm ausdrücklich übertragen sind (Fachplanung z.B. Autobahn, Bahn, …). Gemeinden haben die eigenständige Wahrnehmung der örtlichen Raumordnung und -planung inne und werden durch die jeweilige Landesregierung aufsichtsbehördlich kontrolliert.
Zusammen als österreichische Raumordnungskonferenz wird mit Bund, Land und Gemeinde das österreichische Raumentwicklungskonzept erstellt, welches allerdings keine rechtliche Bindung besitzt und lediglich Empfehlungscharakter hat.

 

III. BESCHREIBUNG AUSGEWÄHLTER PROJEKTE

Methoden der Regionalanalyse
Die Vorlesung war mit einer Übung verknüpft, in der wir die vorgestellten Analysemethoden selbst umsetzten. Mit einer Raumplanungsstudentin untersuchte ich einen Bezirk in dem Bundesland Niederösterreich. Inhaltlich bereiteten wir Informationen zu der dortigen Bevölkerung, der Bevölkerungsprognose, der Wirtschaft und den Pendlerverflechtungen auf. Das Abgabeformat war ein Bericht, in dem individuell gestaltet alle errechneten Daten veranschaulicht dargestellt werden sollten und in einem Text erklärt wurden.
Mit den Programmen Excel, SPSS und qGIS wurde gearbeitet. Voraussetzung dieser Vorlesungsübung ist eine Veranstaltung aus dem ersten Semester, bei welchen die angewendeten Programme erklärt wurden.
Meine Gruppenpartnerin aus dem dritten Semester konnte mir helfen und mir bei Problemen helfen, da ich erst sehr wenig Erfahrung in diesen Programmen sammeln konnte.

Seminar Projektentwicklung
Zu Beginn des Seminars konnte zwischen zwei Themen gewählt werden:  Aging Society - wie selbstbestimmtes Leben in gewohnter (baulicher) Umgebung in einer alternden Gesellschaft organisieren? und Digitalisierung - wie sehen die digitalen Prozesse der Bau- und Immobilienwirtschaft zukünftig aus? Sind Proptech Unternehmen die Arbeitgeber/innen der Zukunft?
Ich wählte Aging Society und arbeitete zusammen mit einer Architekturstudentin an dem Thema der Informationsvermittlung über AAL-Technologien. Mit Hilfe dieser Technologien soll ermöglicht werden, dass vor allem ältere Menschen länger in ihrem zu Hause leben können, da die Technologien sie unterstützen und erinnern. Da sich dieser Markt derzeit entwickelt, es allerdings noch kein gebündeltes und kompaktes Angebot gibt, machten wir Anknüpfungsorte aus, an denen Menschen über AAL informiert werden können. Weiter arbeiteten wir mit Hilfe verschiedener Methoden (Interview, Buchrezension, Online-Selbsttest, Kartenspiel) Informationen heraus, durch die Menschen verschieden mit AAL vertraut gemacht werden können. Unsere Ergebnisse werden auf einem Blog (https://alltagmitaal.wordpress.com/) festgehalten, der auch nach dem Seminar weiter mit Berichten aktuell bleiben soll.

Testrunde unseres eigens entwickeltem Spiel AAL together
Besonders gut an diesem Seminar war, dass wir eine freie Themenwahl hatten und über das ganze Semester verteilt gearbeitet haben und so keine klassische Seminararbeit am Ende schreiben und abgeben mussten. Alle zwei Wochen wurde im Plenum der aktuelle Stand vorgetragen und diskutiert.

 

 

Displaced – NordWestBahn
Das Projekt fand in einer Notunterkunft in Wien statt, in der wir über das Semester verschiedene Räume (vorrangig Keller, Essbereich und Garten) umgestalteten und ihnen neue Funktionen und Erscheinungsbild gaben. Die Gruppe bestand aus ca. 20 Studierenden aus Architektur und Raumplanung, jede Woche mussten 10 Stunden in der Unterkunft gearbeitet werden, um die Pläne umzusetzen. Zu Beginn des Projektes wurde erst einmal viel aufgeräumt, um Platz zu schaffen und dann nach und nach Ideen, die in der Anfangsphase festgehalten wurden, von unterschiedlich zusammengesetzten Gruppen ausgeführt. Jeden Donnerstag trafen wir uns für das Jour Fixe mit den Lehrenden, sprachen dabei über die letzte Woche und brachten alle auf den aktuellen Stand. Generell waren wir sehr frei und organisierten uns innerhalb der Gruppe.
Der Wunsch der Hausleitung war es, einen Aufenthaltsraum mit Bühne und Café im Keller zu haben, darauf richtete sich unser Hauptaugenmerk. Aus vorhandenen Materialien wurde zusammen mit einigen Bewohnenden eine Bühne, eine Tribüne, eine Bar und Sitzmöglichkeiten gebaut. Doch wir arbeiteten nicht nur baulich, oft saßen wir mit Bewohnenden zusammen, malten, sprachen, halfen bei Hausaufgaben, machten Ausflüge und feierten Feste.

 

IV. RÜCKBLICK

Zusammenfassend kann ich ein Auslandssemester in Wien weiterempfehlen. Meine gewählten Kurse boten mir abwechslungsreiche Themen in verschiedenen Formen der Veranstaltung. Außerdem konnte ich äquivalente Kurse wählen und kann mir diese in Weimar anrechnen lassen. Allerdings hatte ich in sprachlicher Hinsicht eine andere Vorstellung von meinem Auslandssemester, wobei es auch möglich ist, in Wien Kurse auf Englisch zu belegen. Deshalb war es für mich die richtige Entscheidung, nur ein Semester in Wien zu verbringen und mich im sechsten Semester mit einem Praktikum in Schweden auf andere praktische und sprachliche Herausforderungen einzulassen.

 

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